Zeugnisübergabe im Drive-In

Zeugnisübergabe im Drive-In

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In einer 10,5m langen Hummer-Strechlimousine fuhr der Jahrgangsbeste vor. Foto: Peter Hampp

Vincent Harant ist an diesem Tag die Hauptperson. Deshalb hat er im Fond des Autos, hinter dem Fahrer, Platz genommen. Weit hinter dem Chauffeur. Zehn Meter lang ist die weiße Hummer-Stretchlimousine, die am Nachmittag langsam zum Sportlereingang der HUK-Arena auf der Lauterer Höhe rollt und auf einem roten Teppich hält. Der Teppich ist lang genug, aber für das außergewöhnliche Gefährt etwas zu schmal.

Für die Übergabe der Abitur- und Abschlusszeugnisse im Corona-Jahr hat sich die Regiomontanus-Schule mit der Fachober- und Berufsoberschule (FOSBOS) für ein Drive-in entschieden. „Wir hätten die Zeugnisse auch im Klassenzimmer aushändigen können“, sagt Schulleiter Gerhard Schmid, „aber es sollte schon eine Zeremonie stattfinden.“ Schüler und Schule entschieden sich dann für diese „coole Idee“. „Das vergessen die Schüler ihr Leben lang bestimmt nicht“, ist sich der Oberstudiendirektor sicher.

Und so steht er zwei Stunden tapfer in der Julisonne, mit Mund-Nasen-Schutz und Handschuhen, empfängt Auto um Auto, reicht das Zeugnis hinein und gratuliert zur bestandenen Prüfung. Zwei Stunden lang sortieren Lehrkräfte der Regiomontanus-Schule FOSBOS Coburg die ankommenden Fahrzeuge nach Klassen und nach dem Alphabet. Zehn Minuten sieht die Zeiteinteilung für jede der zwölf Klassen vor.

Es folgt die Zeugnisübergabe: Anfahren, auf dem roten Teppich vor dem Sportlereingang anhalten, Schulleiter und Oberstudiendirektor Gerhard Schmid übergibt den Umschlag mit dem Zeugnis und den schriftlichen Abschiedsworten durch das Wagenfenster, einige wenige Worte, Kupplung treten, Gang einlegen, weiterfahren. Klassenlehrer und der Elternbeirat verfolgen, alle mit dem gebotenen Abstand, die „Zeremonie“. Seifenblasen und Musik, etwas Blumenschmuck und Applaus von Lehrern und Elternbeirat begleiten den Autokorso.

Zu sehen sind automobile Kostbarkeiten, etwa ein Porsche-Cabrio aus den 1950er Jahren. Aber auch ein US-amerikanisches Ford Mustang Cabrio aus dieser Zeit fuhr vor sowie alle Autos, die aktuell auf den Straßen unterwegs sind. Alena Buga hielt, wie einige andere auch, mit dem Fahrrad auf dem roten Teppich, andere wiederum kamen mit dem Motorrad. Unübersehbar ein Fahrzeug der Feuerwehr Meschenbach, das für den Drive-in benutzt wurde.

„Sie sind der erste Jahrgang, der das Abitur unter Pandemie-Bedingungen abgelegt und die Hochschulreife in einem ‚Zeugnis-Drive-in‘ überreicht bekommen hat“, heißt es in dem Schreiben an die Abiturienten und Eltern. „Sie haben das mit bewundernswerter Disziplin, einem hohen Maß an Verantwortungsbewusstsein und viel Durchhaltewillen geschafft. Allein dadurch haben Sie gezeigt, dass Sie das Reifezeugnis wirklich verdient haben.“

Vom Elternbeirat erhielten die Schüler ein Überlebensset mit kleinem Messer, Seil und Kompass. „Du kannst den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“, gab die Elternvertretung den Schülern mit auf den weiteren Lebensweg.

Quelle: Christoph Winter, Coburger Tageblatt vom 31.07.2020, S.7